von heike fritz

Der Umweltausschuss des Europaparlaments hat das sogenannte Gesetz zur Wiederherstellung der Natur beschlossen. Einige Parlamentarier und Vertreter der EU-Staaten hatten den angenommenen Kompromissvorschlag ausgehandelt. Bis zur Abstimmung war unklar gewesen, ob die konservative Europäische Volkspartei (EVP) – die größte Fraktion im Parlament – das Gesetz mittragen würde, da verschiedene Landwirtschaftsverbände auch die stark abgeschwächte Version des Gesetzes kritisiert hatten.

Jetzt müssen die EU-Staaten und das Plenum des EU-Parlaments das Gesetz noch ratifizieren. Beides gilt jedoch als wahrscheinlich.

Das Gesetz soll dafür sorgen, dass in der EU künftig mehr Wälder aufgeforstet, Moore wiedervernässt und Flüsse in ihren natürlichen Zustand versetzt werden. Hintergrund des Vorhabens ist, dass nach EU-Erhebungen rund 80 Prozent der Lebensräume in Europpa in einem schlechten Zustand sind. Zudem seien zehn Prozent der Bienen- und Schmetterlingsarten vom Aussterben bedroht und 70 Prozent der Böden in einem ungesunden Zustand. Die EU-Staaten sollen bis 2030 auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen Maßnahmen durchführen, um wieder einen besseren oder gleich guten Zustand herzustellen. Bis 2050 müssen alle jetzt bedrohten Ökosysteme wiederhergestellt sein.

Der Naturschutzbund Nabu kritisierte „schmerzhafte Abstriche“ in dem Gesetz. Es seien „erhebliche Schlupflöcher“ hinzugefügt worden, die die insgesamt wiederherzustellende Fläche wieder verringern könnten. Zudem werde den EU-Staaten eine „Notbremse“ gewährt, die schon bei steigenden Lebensmittelpreisen gezogen werden könne. Die Umweltorganisation WWF beklagte den „sehr stark verwässerten“ Text. Auch europäische Meeresschutzverbände wie Seas At Risk und Oceana warnten vor zu vielen Ausnahmen.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erkannte dennoch ein „hoffnungsvolles Zeichen“ in dem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur. Die Vorgabe sei weltweit die „erste dieser Art“, betonte die amtierende spanische Umweltministerin Teresa Ribera Rodríguez, die den Kompromiss mit ausgehandelt hatte. Wenn Moore und Flussauen wieder bewässert seien, würden die Dürrefolgen europaweit abgemildert. Bedrohte Arten – unter ihnen viele Insekten – würden stärker als bisher geschützt, da über 80 Prozent ihrer Habitate in schlechtem Zustand seien.

Die Europäische Volkspartei (EVP) um CDU und CSU wehrte sich gegen eine „Umweltpolitik mit der Brechstange“ und hatte den Deutschen Bauernverband (DBV) auf ihrer Seite. Beide warnten vor gravierenden Risiken für die Ernährungssicherheit, wenn Landwirte künftig etwa auf Pestizide verzichten müssten. Der Bauernverband lehnte jegliche neue Auflagen für die Agrarwirtschaft – und daher auch das Gesetz – ab. Verbandspräsident Joachim Rukwied kritisierte das Gesetz als „Landwirtschafts-Verdrängungsgesetz. Die Einigung stelle einen „Rückschritt für die Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz“ dar.

Die Naturschutzpläne sind zentraler Teil des Klimaschutzpakets „Green Deal“, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden will. Näheres hier.

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