Die Honigbiene ist heute nicht nur in Europa essenziell für die Bestäubung zahlreicher Blütenpflanzen. Ihren Ursprung sah man bisher in Afrika, doch neue Erkenntnisse legen eine andere Evolutionsgeschichte nahe. So zeigt eine Studie mit Beteiligung des Leibniz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels, dass der Ursprungsort der Honigbiene vermutlich Asien ist.
„In einem unbekannten Land, vor gar nicht allzu langer Zeit“,
dort verordnete der Sänger Karel Gott die Geschichte der Biene – jedenfalls der Biene Maja. In welchem Teil der Welt die westliche Honigbiene Apis mellifera aber tatsächlich ihren evolutiven Ursprung hatte, ist selbst unter Forschern sehr umstritten. Bislang galt Afrika als wahrscheinlichstes Herkunftsgebiet. Jedoch gab es bisher zu wenige Daten, um die Frage des Ursprungs zu klären.
Ein internationales Wissenschaftsteam unter Beteiligung von Dr. Eckart Stolle vom Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) zeigt nun durch umfassende genetische Untersuchungen: Der Ursprung der Honigbiene A. mellifera liegt wahrscheinlich in Asien, von wo aus sich die Art nach Afrika und Europa ausbreitete.
Eine Zeitreise durch die Geschichte der Biene
Die Wissenslücke zur Entwicklung der Honigbiene zu schließen ist wichtig, um die Evolution und Genetik dieses global wichtigen Bestäubers zu verstehen. Insgesamt analysierten die Forscher um Dr. Stolle 251 Genomen von 18 Apis mellifera-Unterarten und kamen damit zu neuen Erkenntnissen: Die westliche Honigbiene entstand vor etwa acht Millionen Jahren in Asien und spaltete sich vor zwei bis fünf Millionen Jahren in mehrere Linien auf. Während sie Afrika in einem Ausbreitungsprozess besiedelte, erfolgte die Besiedelung von Europa in zwei weiteren voneinander unabhängigen Ausbreitungsprozessen vor ein bis zwei Millionen Jahren, gefolgt von der Bildung der heutigen Unterarten vor 140.000 – 280.000 Jahren.
„Bemerkenswert ist, dass die Mehrzahl der genetischen Änderungen, die die Honigbienen-Unterarten unterscheiden, sich an einigen wenigen genomischen ‚Hotspots‘ konzentrieren“, erläutert Stolle. 145 Gene in diesen Hotspots weisen spezifische genetische Unterschiede über alle Honigbienen-Unterarten hinweg auf – ein Hinweis darauf, dass sie unter natürlicher Selektion stehen. „Und genau diese Gene waren in hohem Maße mit Arbeiterinnenmerkmalen verbunden“ hebt der LIB-Forscher hervor. „Dies zeigt: Die Entwicklung des sozialen Lebens der Bienen in einem Staat und zusätzlich neue Arbeiterinnen- und Koloniemerkmale scheinen also die Ausbreitung der Honigbienen in ihrem jetzt riesigen Verbreitungsgebiet ermöglicht zu haben.“
Asien als Quelle der Honigmacherrinnen
Somit wird die These gestützt, dass die westliche Honigbiene ihren Ursprung in Asien hatte, bevor sie sich nach Europa und Afrika ausbreitete. Heute gibt es etwa zehn Arten von Honigbienen, die zum Großteil in Asien beheimatet sind. In Europa und weiten Teilen Afrikas existiert jedoch nur eine einzige Art der Gattung Apis, unsere Honigbiene, A. mellifera.
Die in der hier zitierten Studie vorgestellten Ergebnisse basieren einerseits auf phylogenetischen, biogeographischen und demographischen Untersuchungen. Hinzu kommen andererseits v. a. die modernen genetischen Auswertungen der Muster der genetischen Diversität, Mutationen und natürlichen Selektion im gesamten Genom.
Originalpublikation: Kathleen A. Dogantzis, Tanushree Tiwari, Ida M. Conflitti, Alivia Dey, Harland M. Patch, Elliud M. Muli, Lionel Garnery, Charles W. Whitfield, Eckart Stolle, Abdulaziz S. Alqarni, Michael H. Allsopp, Amro Zayed: Thrice out of Asia and the adaptive radiation of the western honey bee., Science Advances, 3 Dec 2021, Vol 7, Issue 49, DOI: 10.1126/sciadv.abj2151
Mit freundlicher Genehmigung der Autoren Dr. Eckart Stolle, Dr. Eva Niephaus und Sabine Heine