„Seit 15 Jahren bin ich schon Imker, aber jedes Jahr ist immer wieder anders!“, teilte mir neulich ein Kollege mit. Wir fachsimpelten über die Honigernte 2019.
Und es stimmt. Während ich im Mai 2018 schon Gläser mit dem herrlichen #GermeringerFrühjahreshonig abfüllen konnte, lässt die Honigernte 2019 auf sich warten. „Honig ist eben ein Naturprodukt!“, tröstet mich verständnisvoll meine regionale Honigdealerin in der Buchhandlung Lesezeichen. Richtig, die Honigernte kann man kaum beeinflussen. Doch warum ist dieses Jahr besonders?
„Germeringer Honig regional, natürlich, lecker, gesund“ habe ich mir auf die Webseite geschrieben. Also fällt die Betrachtung erst einmal auf die regionalen Gegebenheiten, dem Nahrungsangebot.
Unsere Bienenstöcke stehen in Germering, dem Kreuzlinger Forst und der Moosschwaige. Während im Nord-Osten von Germering Richtung Aubing in 2018 viel Raps angebaut wurde, finden sich 2019 dort Getreidefelder. Raps ist eher im Nord-Westen in Richtung Puchheim zu sehen. Das ist aber zumindest für unsere Bienen in der Moosschwaige etwas zu weit, um sie anzufliegen. Dafür finden sie in der Nähe eine Streuobstwiese und Löwenzahn. Doch bei einem Ausflug sollte auch das Wetter mitspielen.
In diesem Frühjahr waren die unerwartet langen Kälteperioden eine Herausforderung für die Tiere. Der April war in seiner ersten Hälfte durchwachsen. Dann gab es ein paar Tage lang sommerliche Temperaturen bis der Monat dann wieder relativ kühl endete. Auch im Mai war es recht kühl und feucht. Ein paar Sommertage hatten zwar zu einem Honig- und Nektareintrag geführt, doch die meisten Tage in denen Raps oder Obstbäume blühten, gab es kein gutes Bienenflugwetter. Das kann man auch bei der Bienenstockwaage in Starnberg nachträglich sehen. Sie zeigt das Gewicht eines Bienenvolkes in Starnberg sowie Temperatur und Regenmenge an.
Einige Bienenvölker waren im April bereits stark genug. Sie hatten sehr viele Arbeiterinnen im Stock. Ab einer Temperatur von 12° C sah man sie bereits ausfliegen. Schwache Bienenvölker allerdings mussten in dieser Phase noch gefüttert werden. Hierzu wurden entweder aus Puderzucker hergestellter Futterteig oder die aus der Winterfütterung übrig gebliebenen Futterwaben verwendet. Als dann die erste Wärmephase kam, gerieten die Bienen ins Schwärmen.
Der Schwarmtrieb erwacht, sobald zu viele Bienen nicht mehr mit der Brutpflege und Aufzucht beschäftigt sind, beschreibt Gerhard Liebig die Situation. Im Frühjahr beginnt die Bienenkönigin mit der Eiablage. Von Tag zu Tag legt sie dann mehr Eier, so dass die Vollbeschäftigung der Ammenbienen gesichert ist. Die aus den Eiern schlüpfenden Larven müssen gefüttert werden.
Doch schlüpfen in der Folge auch immer mehr Bienen. Diese arbeiten zunächst wiederum als Ammenbienen. Sie verdauen Bienenbrot und Honig und produzieren Futtersaft und Futterbrei, mit dem sie ihre jüngeren Schwestern und später auch Brüder (die Drohnen) füttern. Eine Ammenbiene kann mehr als eine Larve versorgen. Wenn sie den Futtersaft aber nicht loswerden, weil es nicht genügend Abnehmer gibt, erwacht der Schwarmtrieb.
Zunächst legen die Arbeiterinnen Spielnäpfchen an. Diese Wachsgebilde erinnern an den Fruchtbecher der Eichel. Spielnäpfchen werden meist am unteren Rand oder seitlich an einer Brutwabe angelegt. Sie sind kugelig und werden, solange die Königin kein Ei darin gelegt hat, nicht länglich erweitert.
Die Spielnäpfchen sind die Vorstufen von Weiselzellen. Das sind Zellen, in denen eine neue Königin, eine Weisel herangezogen werden soll. Sobald die Königin ein Ei ablegt hat, werden diese länglich ausgebaut.
Von der Eiablage, dem Bestiften bis zur Verdeckelung der Weiselzelle vergehen 8 Tage. Die Verdeckelung ist das Signal für den Schwarm aufzubrechen, sobald das Wetter schön ist.
Will ein Imker dies verhindern, muss er seine Völker im Abstand von sieben Tagen kontrollieren. Vorhandene Weiselzellen können entweder zerstört werden oder es wird ein Ableger gebildet. Dem Volk werden dabei ein paar Waben mit Brut und Eiern, Honig und Nektar entnommen und zusammen mit ein paar Bienen in einen neuen Bienenstock gegeben. Die Bienen kümmern sich dann um die Anzucht einer neuen Königin aus den Eiern. Das alte Volk hat nun hingegen genug Platz, so dass der Schwarmtrieb erlischt.
Warum ist also das Jahr 2019 besonders? Zu kaltes und nasses Wetter verhinderten das Einbringen der Massentrachten von Obst, Raps oder Löwenzahn. Zudem war das Angebot an Raps regional geringer als letztes Jahr. Die Bienen lagerten auf Grund der Kälte in die Nähe des Brutnestes und nicht in den Honigraum ein. Hierdurch entstand Platzmangel für die Brut. Die Ammenbienen gerieten in Schwarmstimmung. Weitere kältere Tage im Mai wiederum führten dazu, dass die Bienen den eingelagtern Honig selbst verbrauchten.
Jetzt Anfang Juni hoffen wir Imker auf die nächste große Massentracht der Linde, Brombeere oder Honigtau.